Welche Schlüsselelemente braucht die selbststeuernde Produktion noch?
In einer Welt, in der Smart-Home-Technologien den Alltag vereinfachen, scheint die Digitalisierung der Industrie eine weitaus komplexere Herausforderung zu sein. Während es im modernen Zuhause einfach ist, Geräte wie Fernseher oder Türklingeln zu vernetzen, stellt die Integration ganzer Produktionslinien, Roboter und Logistiksysteme in der industriellen Fertigung ein erhebliches Unterfangen dar. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die wesentlichen Herausforderungen und Potenziale einer smarten Factory und gibt einen Einblick, wie Unternehmen durch die richtigen Strategien und Partnerschaften diese Hürden überwinden können, um ihre Produktion selbststeuernd und zukunftsfähig zu gestalten.
Heimautomatisierung leicht gemacht, aber warum hinkt die Fabrik hinterher?
Im modernen Zuhause ist es heute ganz selbstverständlich, dass Fernseher, Laptops und sogar die Türklingel vernetzt sind. Mit wenigen Handgriffen und handelsüblichen Smart-Home-Geräten können auch Hobbyhandwerker ohne besondere Fachkenntnisse ihr Zuhause aufrüsten. Von intelligenten Thermostaten, die die Raumtemperatur automatisch regeln, bis hin zu intelligenten Lichtsystemen, die sich per Sprachbefehl steuern lassen – die Möglichkeiten sind vielfältig und leicht zugänglich.
Demgegenüber erscheint die Digitalisierung und Vernetzung in der industriellen Produktion weitaus komplexer. Hier geht es nicht nur um die Integration einzelner Geräte, sondern um das Vernetzen ganzer Fertigungsstraßen, Werkzeugwechsler, Roboter und Logistiksysteme. Diese Elemente müssen nicht nur miteinander kommunizieren, sondern auch reibungslos und effizient zusammenarbeiten, um die Produktion fortlaufend zu optimieren. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, warum die Transformation zur Smart Factory so herausfordernd ist.
Wenn die Maschine Entscheidungen selbst trifft
Ein wesentliches Merkmal der Smart Factory ist der hohe Grad an Digitalisierung, Vernetzung, Automatisierung und Selbststeuerung der Produktionsprozesse. In einer solch vollautomatisierten Fabrik läuft die digitale Produktionskette vom Auftragseingang bis zur Anlieferung an der Rampe des Kunden ohne jegliche Medien-, Daten- oder Systembrüche. Alle Prozesse sind vollständig digitalisiert und automatisiert. Roboter und selbststeuernde Systeme wickeln viele vormals manuelle Tätigkeiten ab, wodurch Fehler reduziert und Präzision sowie Effizienz erhöht werden. Aufgaben wie Materialtransporte oder Werkzeugwechsel übernehmen fahrerlose Transportsysteme (FTS), die die Materialversorgung und -verteilung in der Fabrik koordinieren. Diese Fähigkeit ist vor allem bei der Herstellung von Kleinserien und kundenspezifischen Produkten von großem Nutzen. Ein solch hoher Grad an Selbstorganisation und Dezentralisierung ist nur möglich, wenn eine vollständige Transparenz über alle Produktionsprozesse besteht und die Maschinen selbst die Entscheidungen treffen.
IT, OT, IIoT – wer macht was und warum?
Obwohl IT, OT und IIoT auf den ersten Blick ähnlich erscheinen mögen, unterscheiden sie sich in ihren Bedeutungen deutlich. Um die heutigen Konzepte einer zukunftsorientierten Produktion zu verwirklichen, ist eine strategische Verknüpfung dieser Bereiche unerlässlich.
Alle Informationen, die mit der physischen Welt interagieren, also von Sensoren, Aktoren, Geräten, Steuerungen und Maschinen generiert und überwacht werden, beziehen sich auf die Betriebsebene (OT). Diese Informationen werden kontinuierlich an zentrale Software- und Informationstechnologien (IT) weitergeleitet, die diese Daten speichern, analysieren und kommunizieren. Eine solche Kooperation zwischen OT und IT schafft eine wechselseitige Informationsvielfalt, die greifbare Fortschritte, optimierte Ressourceneinsätze sowie eine verkürzte Markteinführungszeit für Produkte ermöglicht. Nur mit einer intelligenten Vernetzung können beide Bereiche ihr volles Potenzial ausschöpfen.
Das Industrial Internet of Things (IIoT) beschreibt den Datenaustausch zwischen OT- und IT-Bereichen – ohne den Fluss von Daten existiert kein IIoT. Es ermöglicht die Vernetzung aller physischen und virtuellen „Dinge“ über Tausende Datenpunkte – und das über alle Produktionslinien hinweg. Die Kommunikation untereinander und mit übergeordneten Leitsystemen erfolgt über Industrie-4.0-konforme Netzwerke, was die Datenqualität und die Transparenz der Prozesskette durch digitale Zwillinge für Produkte, Anlagen und Fertigung erheblich verbessert. Das autonome Umplanen von Produktionsaufträgen und die Kooperation interoperabler und vernetzter Anlagen fördern nicht zuletzt eine hohe Gesamtanlageneffektivität (OEE), sondern steigert insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der Produktion.
Ungeplante Ausfallzeiten adé – Daten als Gamechanger
Ein kontinuierlicher Datenaustausch in Verbindung mit der Nutzung historischer Daten ermöglicht eine vorausschauende Wartung, Stichwort Predictive Maintenance. Diese unmittelbare Reaktionsmöglichkeit auf Veränderungen und Störungen vermeidet ungeplante Stillstände und Produktionsunterbrechungen, so dass Wartungsarbeiten nur im Bedarfsfall notwendig werden. Die Menge und Geschwindigkeit der Datenverarbeitung in einer Smart Factory übersteigt durch die kontinuierliche Datenerfassung jedoch bei weitem alle bisher bekannten Dimensionen. Big Data und Data Analytics nehmen dabei eine zukunftsweisende Rolle ein, indem sie Vorhersagen und Empfehlungen auf Basis der gewonnenen Daten ermöglichen. Durch diesen kontrollierten Umgang mit den generierten Informationen werden Daten zum entscheidenden Erfolgsfaktor der Smart Factory.
Transparenz, Nachhaltigkeit und die Sache mit dem Fußabdruck
Auf die beschriebene Weise verbindet eine Smart Factory die Shopfloor- und die Unternehmensebene, um auch dem Management jederzeit belastbare Aussagen über den Auftragsdurchlauf in Echtzeit zu ermöglichen. Die Echtzeit-Visualisierung von Betriebszuständen und die schnelle Datenverarbeitung durch Edge- oder Cloud-Rechenzentren sind dabei entscheidende Elemente, um präzise und schnelle Datenanalysen und -anpassungen zu ermöglichen. Nach dem Lean-Prinzip werden Wege und Verschwendung vermieden. Nachhaltigkeit wird durch optimierten Ressourceneinsatz sowie Energieeffizienz und Abfallreduzierung gefördert. Langfristig trägt dieser Ansatz dazu bei, Transparenz bis hin zu den einzelnen Antriebskomponenten zu schaffen. Denn aufgrund der gesetzlichen Nachhaltigkeitsdokumentation muss zukünftig der CO2-Verbrauch jeder einzelnen Komponente dokumentiert werden.
Virtuelle Modelle für optimale Produktionsprozesse
Digitale Zwillinge unterstützen als virtuelle Modelle von Produktionssystemen und -prozessen. Sie ermöglichen es, Abläufe in einer digitalen Umgebung zu simulieren, zu überwachen und zu optimieren. Sie bieten Echtzeitüberwachung sowie Einblicke in den aktuellen Zustand der physischen Systeme und helfen dabei, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben. Wir unterscheiden dabei zwischen dem Produktzwilling, dem Anlagenzwilling und dem Fertigungszwilling. Während der Produktzwilling der Konfiguration des Kundenauftrags dient, stellt der Anlagenzwilling die konsistente Datenverfügbarkeit für die Automatisierungsplanung von der Konzeption bis zum Bau sicher. Der Fertigungszwilling ermöglicht eine nahtlose Datenintegration und Transparenz über den gesamten Fertigungsprozess hinweg, indem er ein umfassendes Datenmanagement von der Feldebene bis zur Cloud sicherstellt. Auf diese Weise können Unternehmen sicherstellen, dass sie jederzeit genau wissen, was, wo in ihrer Fabrik verbaut ist.
Herausforderungen und Fallstricke
Komplexe Umgebungen und Prozesse lassen sich nur schwer digitalisieren. Sämtliche Maschinen und Systeme müssen über einzelne Schnittstellen miteinander verknüpft werden. Und mit jedem zusätzlichen System nimmt die Anzahl der Schnittstellen zu. Zudem steigt mit zunehmender Vernetzung auch die Störanfälligkeit der Systeme. Bereits kleine Fehler oder Ausfälle können erhebliche Auswirkungen auf den gesamten Produktionsprozess haben. Die Vision einer perfekten Industrie-4.0-Produktionsumgebung kann daher einschüchternd wirken.
Maßgeschneiderte Digitalisierungsstrategien verlangen tiefes Domänenwissen
Um diese Komplexität einer solchen Umgebung beherrschen und verarbeiten zu können, braucht es tiefes Prozessverständnis im produzierenden Gewerbe und fundiertes Domänenwissen im Maschinen- und Anlagenbau. Die Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Softwareentwicklungsdienstleister wie Lachmann & Rink bietet daher erhebliche Vorteile bei der Umsetzung einer fundierten Digitalisierungsstrategie in Richtung Smart Factory.
Unser umfangreiches Know-how über die Abläufe und das Verhalten von Maschinen und Anlagen ermöglicht Ihnen eine präzise Planung und Optimierung, die speziell auf Ihre Anforderungen an industrielle Produktionsprozesse ausgerichtet ist.
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Stefan Thilo
Consultant, zertifizierter Requirements Engineer und zertifizierter Usability Engineer